Met Streik 2014 - Betriebsrat des darstellenden künstlerischen Personals der Wiener Staatsoper

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In New York geht der Opernvorhang doch auf

Es wird keine Aussperrungen und ausgefallenen Vorstellungen an der Metropolitan Opera geben. Doch das Internet hatte den Arbeitskampf ordentlich befeuert und dem Intendanten Peter Gelb Druck gemacht.

Das war Rettung in letzter Minute. Nachdem die eigentlich schon ausgelaufenen Arbeitsverträge an der New Yorker Metropolitan Opera wegen der anhaltenden Tarifverhandlungen um fast drei Wochen weitergeführt wurden, ist jetzt auch mit der letzten wichtigen von insgesamt 16 am Hause wirkenden Gewerkschaften eine Einigung erzielt worden. Nach der Vertretung der Orchestermusiker und der Choristen hat nun auch die der Bühnenarbeiter einem neuen Arbeitskontrakt zugestimmt. Die noch fehlenden acht kleineren Gewerkschaften werden wohl dem Beispiel der großen folgen (müssen).
Ob es in der aktuellen Auseinandersetzung Gewinner oder Verlierer gibt, wird die Zukunft weisen. Klar ist aber, Amerikas größte Institution der darstellenden Künste mit 1600 gewerkschaftlich organisierten Angestellten ist erst einmal gerettet und kann ab 22. September mit der Wiederaufnahme von Mozarts "Hochzeit des Figaro" weiterspielen. Was nicht unpassend ist, geht es doch auch hier um eine aufmüpfige Dienerschaft, die am Ende ihren Herren ziemlich düpiert.
Doch statt des Grafen Almaviva wird wohl aktuell kein kampfeslustiger Figaro den Intendanten Peter Gelb ein Tänzlein wagen lassen, dafür ist das Haus viel zu traditionell aufgestellt. Doch deutlich wurde in den vergangenen Monaten, mit was für einer psychologischen Härte dieser aktuelle Arbeitskampf ausgefochten wurde, auch Dank des Internets. Dabei wussten eigentlich alle Beteiligen, dass sie es nicht zum Äußersten kommen lassen sollten – denn dafür ist das Haus finanziell zu angeschlagen.
So ein Kultur-Dinosaurier kann schnell stürzen
Da in Amerika der Staat für die Kultur kaum etwas ausgibt und auch Organisationen wie vor einem Jahr New Yorks zweites Musiktheater, die City Opera, tatenlos untergehen sieht, kann so ein Dinosaurier viel schneller stürzen als man es für möglich halten würde. Das Metropolitan Opera mit ihren fast 4000 Plätzen, die diese Saison für die 221 Aufführungen von 26 Opern inklusive sechs Premieren zu füllen sind, weist wegen sinkender Ticketverkäufe ein Defizit von 2,8 Millionen Dollar auf. Gleichzeitig wurden die nicht immer erfolgreichen Neuproduktionen immer teurer. Und auch die medial und als Marketingspielzeug äußerst attraktiven HD-Live-Satellitenübertragungen in die Kinos weltweit bringen nur sehr geringen Gewinn.
Der ehemalige Sony-Manager Peter Gelb (61), der seit 2006 die Geschicke des nach eigenem Selbstwertgefühl bedeutendsten, mit einem Budget von fast 330 Millionen Dollar in jedem Fall teuersten, Opernhauses der Welt leitet, wurde dabei immer mehr zum Buhmann. Während ihm sein loyales, für die Finanzen zuständiges Board millionenschwerer Förderer sicher auch bei eventuellen Aussperrungen renitenter Angestellter zunächst den Rücken gestärkt hätte, wird er sowohl von den Traditionalisten wie den Fortschrittsgläubigen gehasst.
Von den jeweiligen Lobbygruppen befördert, tobt seit Wochen vor allem gegen ihn ein Shitstorm im Internet. Freilich haben sowohl die Met als auch die Gewerkschaften mittels PR-Beratern in den Medien wie in den sozialen Netzwerken diese schmutzigen Scharmützel angeheizt. Das Opernhaus veröffentlichte Sozialneid fördernd die Gelbs Meinung nach zu hohen Gehälter diverser Angestelltengruppen, die bei einem personalintensiven Musiktheater insgesamt zwei Drittel der operativen Kosten ausmachen. So verdient etwa ein Chorist 200.000 Dollar (=151.540 Euro - das entspricht einem Bruttolohn von € 10.824 pro Monat <d.V.>) ein Vielfaches dessen, was an einem europäischen Opernhaus gezahlt wird.
Schmutzige Scharmützel in den sozialen Netzwerken
Die Gewerkschaften, besonders aber die Orchestermusiker, mokierten sich im Gegenzug über die Gelb-Bezüge von über zwei Millionen Dollar im Jahr und seinen Führungsstil. In einer 84-seitigen Präsentation wurde dem Intendanten Versagen auf allen Ebenen vorgeworfen. Unter anderem wurde kritisiert, dass die Qualität der Operninszenierungen zu schlecht und die Preise zu hoch seien.
Am Ende stehen jetzt alle ziemlich beschädigt da. Die Angestellten haben 3,5 Prozent Lohnkürzungen zugestimmt, den ersten seit den frühen Siebzigerjahren. Aber klar ist auch: Peter Gelb, der eigentlich 17 Prozent via Gehaltsminimalisierungen einsparen wollte, muss dringend die Kosten herunterfahren oder wieder mehr Karten verkaufen. Die Metropolitan Opera steht weiterhin "vor einer der schwersten finanziellen Herausforderungen ihrer 131-jährigen Geschichte", so ein gerne pathetischer Gelb. Also wird die nächste New Yorker Opernkrise wohl so sicher kommen wie das hohe C von Juan Diego Flórez.
(mehr dazu: http://www.welt.de/kultur/buehne-konzert/article131422974/In-New-York-geht-der-Opernvorhang-doch-auf.html)


New Yorks Musikern sind Wagners Opern zu lang.
Auch an der New Yorker Met muss gespart werden, die Personalkosten sollen gesenkt werden. Die Musiker sehen die Schuld für das Finanzproblem bei Wagners langen Opern. Und natürlich beim Intendanten.
Kann man an der Met, der Metropolitan Opera in New York, eine Tarifverhandlung besser inszenieren als eine Oper? Auf diesen Gedanken könnte mancher Kritiker in diesen Tagen kommen. Seit Monaten laufen die Tarifverhandlungen zwischen dem Opernhaus und den 15 beteiligten Gewerkschaften. Der Intendant Peter Gelb will Personalkosten sparen, das Personal will das natürlich nicht. Gelb hatte sogar gedroht, falls bis zum Auslaufen der Verträge am 31. Juli keine Einigung mit den Arbeitnehmervertretern möglich sei, müsse er die Mitarbeiter aussperren, was zum letzten Mal vor 34 Jahren der Fall war.
Zwei Tage vor dem Verstreichen des Ultimatums war mit den meisten Gewerkschaften noch keine Einigung in Sicht, besonders schwierig erwiesen sich die Verhandlungen mit den Musikern, sodass eine staatliche Vermittlerin des Federal Mediation and Conciliation Service (FMCS) vorgeschlagen wurde. Vor Ablauf der Frist in der Nacht zum Freitag wurde lediglich mit drei Gewerkschaften (darunter die der Bühnenarbeiter, des Sicherheitspersonals und der Reinigungskräfte) eine Einigung erzielt.
Ultimatum bis Sonntag
Die Vermittlerin Alison Beck, die bereits bei ähnlichen Fällen geschlichtet hatte, wurde noch vor der Aufnahme ihrer Arbeit von beiden Seiten gelobt. Aber natürlich war es auch ihr nicht möglich, innerhalb von nur wenigen Stunden ein akzeptables Ergebnis für Musiker und Management aus dem Hut zu zaubern, dazu war die Situation zu vertrackt. Das sah schließlich auch der Intendant Peter Gelb ein, die Verhandlungen wurden – einmalig, wie er betonte – um 72 Stunden verlängert. Jetzt freilich hat er noch eine zusätzliche Woche nachgeschoben. Bis dahin muss nun also eine Einigung mit den Musikern her, sonst kommt es zur Aussperrung. Das wäre fatal für alle Seiten, Proben würden ausfallen, die Saisoneröffnung müsste verschoben werden, große finanzielle Verluste wären die Folge, und die kann sich das Opernhaus nicht leisten.
Denn die Met hat mit einem grundsätzlichem Problem zu kämpfen: Während die Ausgaben immer weiter steigen, sinken die Einnahmen. Das jährliche Finanzbudget der Met beläuft sich auf rund 320 Millionen Dollar. Ungefähr zwei Drittel davon gehen an Gehälter und Zusatzleistungen der Mitarbeiter. Die Einnahmen aus den Ticketerlösen decken den Bedarf schon lange nicht mehr, ungefähr die Hälfte des zur Verfügung stehenden Geldes stammt von Spenden. Staatliche Subventionen wie in Deutschland erhalten amerikanische Opernhäuser nicht. Auch die von Gelb initiierten HD-Übertragungen in Kinos auf der ganzen Welt konnten das Finanzproblem nicht lösen, sie sind allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.
Bankrott in wenigen Jahren
Gelb betont, dass die Met zwar noch nicht in einer ernsthaften Krise stecke, wenn man aber weiterhin so schlecht wirtschafte, stehe das Opernhaus schon in wenigen Jahren vor dem Bankrott. Sein Ziel ist, die Personalkosten um 16 bis 17 Prozent zu senken (Ein Orchestermusiker der Met verdient im Durchschnitt knapp 200.000 Dollar im Jahr, weit mehr als an anderen Opernhäusern). In einer 84-seitigen Präsentation der Gewerkschaft der Musiker, die wohl als Grundlage für die Verhandlungen dienen sollte, wird dem Intendanten Versagen auf allen Ebenen vorgeworfen. Seine Fehler seien die Ursache für die Finanzprobleme des Opernhauses:
Seit 2009 leidet die Met an sinkenden Besucherzahlen. Einen Grund dafür sehen die Musiker in der Qualität der Inszenierungen. Von den 54 Neuproduktionen in der achtjährigen Amtszeit von Gelb schafften es lediglich drei Produktionen in die Top 20 der meistbesuchten Aufführungen in dieser Zeit. Eine Analyse von 270 Kritiken der 54 Neuproduktionen soll den Qualitätsunterschied zwischen Produktion und musikalischer Darbietung aufzeigen. Während die Musik nur in elf Prozent der Kritiken negativ bewertet wurde, schnitten die Produktionen an sich deutlich schlechter ab, 61 Prozent aller Kritiken waren negativ.
Hohe Preise halten Besucher fern
Ein weiterer Grund für die ausbleibenden Besucher sollen die gestiegenen Ticketpreise sein. Ein Diagramm veranschaulicht, dass in der Saison 2012/13, als die Ticketpreise am stärksten stiegen, die Besucherauslastung mit gerade einmal 82 Prozent ihren Tiefpunkt erreichte. Höhere Ticketpreise hielten die Zuschauer fern, so die Musiker. Das hat der Intendant vermutlich mittlerweile auch selbst eingesehen, denn in der aktuellen Saison sind die Preise wieder deutlich gesunken, im Durchschnitt um ganze 15 Dollar pro Ticket. Die Folge: Die Besucherzahlen stiegen wieder leicht an.
In der Präsentation folgt ein Zitat von Gelb, in dem er behauptete, die Besucherzahlen von klassischer Musik gingen überall zurück, nicht nur in Amerika, auch in Europa. Auf der nächsten Seite werden dann die Wiener und die Berliner Staatsoper mit ihren Rekordauslastungen in der vergangenen Spielzeit als Gegenbeweise angeführt. Der durchgehende Tenor: Peter Gelb hat keine Ahnung und ist eine Fehlbesetzung.
Weniger Wagner, weniger Opern überhaupt
Erschreckend ist, wie stark der künstlerische Aspekt auch bei der Orchestergewerkschaft hinter den wirtschaftlichen zurücktritt. Besonders deutlich wird das beim Einsparvorschlag der Opern mit Überlänge. Diese kosteten zu viel Geld und seien schlecht für die Gesundheit der Musiker. Sie forderten nur noch zwei anstatt wie in der vorletzten Spielzeit sieben Produktionen mit Überlänge. Dabei ist eine Oper mit Überlänge für die Musiker alles, was über vier Stunden hinausgeht. Ein schlechtes Omen für Fans von Richard Wagner. Von seinen großen Opern bleibt da nicht mehr viel übrig. Der komplette Ring in einer Saison? Unmöglich! Weiterhin appellierten die Musiker, die Anzahl der Neuproduktionen zu senken, maximal fünf pro Saison sollen es noch sein. Wenn schon die Musiker so argumentieren, ist das nicht gerade ein gutes Zeichen. Außerdem ist die Argumentation eher fraglich, denn für Neuproduktionen lassen sich einfacher Sponsoren finden als für bereits laufende Produktionen, und die Besucherauslastung ist höher.
Der Intendant hat die Präsentation der Musiker als "fehlerhaft" und "nicht realistisch" bezeichnet. Interessant ist sie dennoch, weil sie einen Einblick in das Denken der Musiker gibt. Wie eine Einigung im Tarifstreit aussehen könnte, ist derzeit noch nicht abzusehen.
(mehr dazu: http://www.welt.de/kultur/buehne-konzert/article130840595/New-Yorks-Musikern-sind-Wagners-Opern-zu-lang.html)

 
 
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